Die Schattenseiten des Goldabbaus: Ein Blick auf einen unangenehmen Aspekt meines Berufs

21. Jan. 2025 | Schmuck Wissen

Als Goldschmiedin liebe ich es, mit hochwertigen Materialien zu arbeiten, einzigartige Schmuckstücke zu schaffen und meinen Kundinnen Freude mit meinen Kreationen zu bereiten. Doch je länger ich in diesem Beruf tätig bin, desto mehr beschäftigen mich die dunklen Seiten des Goldabbaus. Der Weg, den dieses Edelmetall vom Bergbau bis zu meiner Werkbank nimmt, ist oft […]

Als Goldschmiedin liebe ich es, mit hochwertigen Materialien zu arbeiten, einzigartige Schmuckstücke zu schaffen und meinen Kundinnen Freude mit meinen Kreationen zu bereiten. Doch je länger ich in diesem Beruf tätig bin, desto mehr beschäftigen mich die dunklen Seiten des Goldabbaus. Der Weg, den dieses Edelmetall vom Bergbau bis zu meiner Werkbank nimmt, ist oft geprägt von Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung und menschlichem Leid. Ich möchte in diesem Artikel aus meiner Perspektive schildern, warum der Goldabbau so problematisch ist und welche Verantwortung wir als Konsumentinnen und Schaffende tragen.

Ein Blick in die Minen: Arbeit ohne Schutz und Rechte

In vielen Regionen, insbesondere in Afrika, Lateinamerika und Asien, arbeiten Millionen von Menschen unter katastrophalen Bedingungen im Goldabbau. Oft fehlen grundlegende Arbeitsschutzmaßnahmen, und die Arbeiter*innen sind häufig ohne feste Anstellung oder Verträge tätig. Besonders erschreckend ist der Umgang mit Quecksilber, das zur Goldgewinnung eingesetzt wird. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Arbeiter das hochgiftige Metall ungeschützt mit bloßen Händen anfassen. Die gesundheitlichen Folgen sind verheerend: Quecksilbervergiftungen führen zu Nervenschäden, Atemwegsproblemen und anderen schwerwiegenden Erkrankungen.

Umweltzerstörung und ihre Folgen für die Gemeinden

Die Auswirkungen des Goldabbaus gehen jedoch weit über die Arbeiter*innen hinaus. Für die Gewinnung von Gold werden enorme Mengen an Gestein bewegt. Zur Verdeutlichung: Für einen einzigen Goldring können bis zu 20 Tonnen Gestein abgetragen werden. Dabei werden oft Chemikalien wie Zyanid oder Quecksilber eingesetzt, die in die umliegenden Flüsse und ins Grundwasser gelangen. Diese Verschmutzung hat gravierende Folgen für die örtlichen Gemeinden: Trinkwasser wird ungenießbar, Landwirtschaft wird unmöglich, und die Gesundheit der Menschen leidet massiv. Besonders betroffen sind Kinder, die oft über Jahre den giftigen Stoffen ausgesetzt sind.

Profit für wenige, Leid für viele

Es ist erschreckend, wie unausgewogen die Verteilung der Gewinne aus dem Goldabbau ist. Während einige wenige Minenbetreiber und internationale Konzerne immense Profite erzielen, werden die Gemeinden vor Ort buchstäblich „ausgeblutet“. Sie tragen die Last der Umweltzerstörung und der gesundheitlichen Folgen, ohne dass die Erlöse aus dem Goldabbau in den Aufbau von Infrastruktur oder Bildung fließen. Der Reichtum, den das Edelmetall symbolisiert, erreicht diese Menschen nicht.

Zertifizierte Minen: Ein Hoffnungsschimmer?

Es gibt Ansätze, um die Probleme des Goldabbaus zu entschärfen, wie beispielsweise die Zertifizierung von Minen durch Organisationen wie Fairtrade oder Fairmined. Diese Programme setzen auf bessere Arbeitsbedingungen, umweltfreundlichere Abbauverfahren und fairere Entlohnung. Leider ist der Anteil des zertifizierten Goldes am weltweiten Markt verschwindend gering. Nur ein Bruchteil des geförderten Goldes stammt aus solchen Quellen, da der Aufwand und die Kosten für die Zertifizierung hoch sind.

Meine Verantwortung als Goldschmiedin

Für mich persönlich ist es schwierig, diese Realitäten mit der Schönheit des Endprodukts in Einklang zu bringen. Schmuck soll Freude bereiten und etwas Wertvolles darstellen. Doch das Wissen um die Bedingungen, unter denen die Rohstoffe gewonnen werden, liegt mir oft schwer im Magen. Als Goldschmiedin sehe ich es als meine Verantwortung an, bewusste Entscheidungen zu treffen. Ich arbeite verstärkt mit recyceltem Edelmetall und informiere mich über die Herkunft der Materialien, die ich verwende. Doch auch hier stoße ich an Grenzen, denn die Lieferketten sind oft intransparent. Bisher verwende ich das Material, das ich vor langer Zeit gekauft habe und schmelze meine Blechreste und auch die Feilung, (die man als Goldschmied im sogenannten Fell auffängt, das unter dem Werktisch befestigt ist) wieder ein. Daraus fertige ich mir dann neues Blech oder Draht. Wenn ich dieses Material aufgebraucht habe, werde ich mir einen Weg überlegen, der mir ein besseres Gefühl verschafft. Recyceld wurde Edelmetall schon immer, doch das kann den Goldabbau in großem Stil nicht stoppen. Also gäbe es nur noch den Weg gezielt auf Fairtrade Gold auszuweichen. Ob sich das überhaupt für einen 1 Frau Betrieb lohnt, muss ich erst noch herausfinden.

Ich halte Euch bei allem auf dem Laufenden.

Was können wir tun?

Wir alle – Konsument*innen und Schaffende – können unseren Beitrag leisten, um die Situation zu verbessern. Hier einige Ansätze:

  1. Bewusst kaufen: Schmuck aus recyceltem Gold oder zertifizierten Quellen unterstützt nachhaltigere Praktiken.
  2. Nachfragen: Verbraucher*innen können gezielt nach der Herkunft der Materialien fragen und so Druck auf die Industrie ausüben.
  3. Aufklärung: Indem wir die Missstände offen ansprechen, schaffen wir Bewusstsein für die Problematik.
  4. Alternativen unterstützen: Materialien aus alternativen Quellen beziehen, die unter besseren Bedingungen gewonnen werden, können eine gute Wahl sein.

Fazit

Der Goldabbau ist ein schwieriges Thema in einem Beruf, der eigentlich von Kreativität und der Freude an Schönheit geprägt ist. Doch gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass wir als Goldschmied*innen Verantwortung übernehmen und uns für fairere und nachhaltigere Alternativen einsetzen. Nur so können wir die Kluft zwischen der Schönheit des Schmucks und den Schattenseiten seiner Herstellung überbrücken. Ich hoffe, dieser Artikel regt zum Nachdenken an und ermutigt dazu, gemeinsam an einer besseren Zukunft zu arbeiten.

Vielen Dank an Alexander Gray für das zur Verfügung gestellte Beitragsfoto:

Katrin Dussán

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